Nachgefragt bei GF Stefanie Thurner
#Huagacht 11.09.2020
Foto: Martin Guggenberger
Interview mit Gerda Gratz von der Zillertaler Heimatstimme:
GGR: Stefanie, mit 1. September 2018 hast du von Ines Kammerlander die Geschäftsführung des Europahaus Mayrhofen übernommen – was hat sich in der Zwischenzeit getan?
STH: Ich kann mich noch an meinen ersten Arbeitstag erinnern – gefühlt war dieser erst gestern. In der Zwischenzeit ist so viel passiert und ich schaue sehr gerne auf die letzten 2 Jahre zurück. 2019 war geprägt von vielen Tagungen und Kongressen, aber auch Großveranstaltungen wie dem Mayrhofner Strassenfest, der Zillertal Messe oder unserem neukonzipierten MITANOND zugunsten Zillertaler helfen Zillertalern. Wir haben zwei neue KollegInnen – Nynke in der Projektleitung und Benni in der Haustechnik - eingestellt, unseren Franz nach 40 Jahren Europahaus in die Pension ziehen lassen, uns als Team gefunden und einige Dinge neu entwickelt und auf neue Beine gestellt. So schließen wir jetzt (endlich) unsere Positionierung ab, unterziehen unser Logo einem kleinen „fresh-up“ und arbeiten an unserer Vision.
GGR: Was waren deine persönlichen Highlights? Und gab es auch Lowlights?
STH: Highlights gab es – wie schön! – ganz viele. Mein persönliches Highlight war der Besuch von Stefan Sagmeister in Mayrhofen, einen ganzen Tag mit ihm am Berg zu verbringen und ihn am Abend auf der Europahaus Bühne zu haben – 340 Gäste haben gemeinsam zu Beethoven‘s „Freude schöner Götterfunken“ gesungen. Mit dem Auftritt vom international bekannten Stardesigner haben wir das Europahaus einer vollkommen neuen Zielgruppe geöffnet. Highlights gab es aber auch im Tagungsbereich: im Januar hatten wir 450 Gäste bei einer 3-tägigen Tagung mit Galaabend und unsere Kundin war mehr als happy (und ich auch, weil wir einen sensationellen Job gemacht haben und es keine 0815 Veranstaltung war!). Oder über 600 Teilnehmer unseres Stammkunden Jürgen Höller – für diese Kapazitäten ist unser Haus (leider) einfach nicht ausgelegt und wir konnten Dank Hilfe unseres Nachbar Hansjörg Moigg mit dem Catering auf den Berghof Gastgarten ausweichen – eine Challenge (logistisch wie organisatorisch) aber auch das haben wir super gemeistert. Oder auch ganz kleine Momente: als wir die Zillertal Messe eröffneten und die Grasausläuter uns vom Europahaus rüber in die Berghofhalle begleitet haben – da musste ich schon eine kleine Freudenträne verdrücken… Aber: genau diese Momente machen meinen (unseren) Job aus und deshalb machen wir ihn.
GGR: Worauf bist du ganz besonders stolz?
STH: auf mein Team. Ohne jeden einzelnen wäre ich niemand – und vor allem in den letzten Wochen hat sich für mich gezeigt, dass wir alle an einem Strang ziehen. Darüber hinaus haben wir in 2019 das beste Geschäftsergebnis in 40 Jahren Europahausgeschichte erzielen können und die „schwarze Null“ weit übertroffen – da ist ganz klar die Leistungsbereitschaft sowie das Mitdenken und Mitarbeiten von jedem Einzelnen verantwortlich. Und vielleicht ein bisschen Zahlenliebe von meiner Seite (lacht). Scherz beiseite: nur sehr wenige Congresshäuser in Österreich werden kostendeckend geführt und wenn Dinge aufgehen, wenn der Erfolg durch Zahlen bestätigt wird dann macht’s noch viel mehr Spaß und es motiviert uns, weiterzumachen & besser zu werden.
GGR: Und Lowlights?
STH: Dienstag, 10.03.2020 – es war ca. 12:30 Uhr und ich erhielt die Nachricht, dass ab sofort alle Veranstaltungen ab 100 Personen verboten sind. Seitdem ist unser Veranstaltungsleben komplett auf den Kopf gestellt worden und wir entwickeln uns gerade in eine neue Tagungswelt. Die ersten Wochen waren schlimm, aber nun haben wir ja Gott sei Dank die Möglichkeit, wieder Veranstaltungen zu machen – zwar unter besonderen Umständen – aber dennoch. Wir sind mittlerweile Corona-geprüft und wissen, wie wir die Situation handeln müssen. Weil es im Tagungsbereich im Moment noch eher ruhig ist, wollen wir nun unseren Fokus mehr auf den Kulturbereich legen. Aus diesem Gedanken heraus ist auch das „Musiknick im Wald“ entstanden – eine Kombination aus klassischem Open-Air und Picknick (am 19.09.2020 am Waldfestplatz).
GGR: Stichwort Corona – was hat sich seitdem für euch geändert?
STH: gefühlt steht das komplette Veranstaltungsleben auf dem Kopf. Wir haben mit 16.03. unsere Türen geschlossen und offiziell erst wieder am 08.07. für eine Tagung geöffnet. In der Zwischenzeit haben wir versucht, die Zeit so gut wie möglich für liegengebliebene Projekte & Tasks zu nutzen. So sieht man uns unter anderem öfter in der Heimatstimme mit unserem „Huagacht“ oder auch auf Facebook versuchen wir präsenter zu sein. Kopfmässig aber war (und ist sie es immer noch) diese Zeit nicht einfach. Der Tagungs- und Veranstaltungsbereich wird gerade wahnsinnig gebeutelt – Tagungen im Corporate-Bereich werden auf 2021 / 2022 verschoben, Weihnachtsfeiern abgesagt, kleinere Meetings über Online Plattformen abgewickelt. Wir im Europahaus haben mit unserem Stammkunden der Jürgen Höller Academy noch großes Glück! Wir merken es allerdings auf der Anfragenseite: diese bleiben im Moment einfach aus.
GGR: Kann man schon abschätzen, wohin die Reise gehen wird?
STH: ich kann mir vorstellen, dass es in Zukunft vermehrt eine Kombination aus analogen und digitalen – sprich hybriden Formaten geben wird. Bedeutet: ein Teil des Unternehmen tagt vor Ort, ein anderer Teil nimmt an der Veranstaltung über eine digitale Plattform teil. Das mag auf den ersten Blick eine „Gefahr“ für unser Haus sein – ich sehe es allerdings als Chance, eine neue Zielgruppe anzusprechen. Viele Formate, wie beispielsweise das Forum Alpbach, sind coronabedingt zu hybriden Veranstaltungen mutiert. Eines allerdings ist sicher: der persönliche Austausch wird immer Vorrang haben – Veranstaltungen leben von der Begegnung und dem Austausch mit anderen, dem Erlebnis vor Ort – das kann in meinem Verständnis nicht wegrationalisiert werden!
GGR: Was wünscht du dir für die Zukunft?
STH: dass wir uns weiterentwickeln können, dass wir gestärkt aus der Krise rausgehen, dass uns noch viele Dinge so aufgehen, wie 2019. Viele spannende & interessante Persönlichkeiten bei uns im Europahaus, natürlich tolle und erfolgreiche Veranstaltungen, eine gewisse Kundenunabhängigkeit und dass unsere Bundesregierung die Wichtigkeit und Relevanz unserer Branche erkennt…